Wenn sich ein Arbeitnehmer vertragswidrig verhält, etwa in dem er unentschuldigt der Arbeit fernbleibt oder sich nicht an die Kündigungsfristen hält und dadurch schuldhaft einen Schaden verursacht, muss er diesen ersetzen. Für Arbeitgeber ist es jedoch häufig schwierig, den konkreten Schaden und den Ursachenzusammenhang nachzuweisen. Daher wird in der Praxis häufig zu Vertragsklauseln gegriffen, die in solchen Fällen eine pauschale Vertragsstrafe vorsehen.
Wie alles in vorformulierten Arbeitsverträgen müssen Vertragsstrafenklauseln den Regeln der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) entsprechend nach § 305c und § 307 BGB klar, verständlich, eindeutig, nicht überraschend und den Vertragspartner (hier den Arbeitnehmer) nicht unangemessen benachteiligend sein.
In Arbeitsverträgen werden in der Praxis nahezu immer ausschließlich Verfehlungen des Arbeitnehmers definiert, die eine pauschale Strafzahlung auslösen sollen. Aber was ist, wenn der Arbeitgeber gegen seine Pflichten verstößt?
In einer beachtlichen Entscheidung hat das LAG Sachsen (Urteil vom 24.01.2022 – 1 Sa 345/21) eine Vertragsstrafenabrede für unwirksam erklärt, weil sie einseitig den Arbeitnehmer betraf. In den Urteilsgründen heißt es auszugsweise:
“Diese Grundsätze verbieten eine einseitige Belastung des Arbeitnehmers durch Vertragsstrafenklauseln. Der Arbeitgeber mag ein anerkennenswertes Interesse daran haben, sich die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers während der Kündigungsfrist durch eine Vertragsstrafenregelung zu sichern. Vor dem Hintergrund, dass der vollbeschäftigte Arbeitnehmer auf das Arbeitsentgelt angewiesen ist, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, hat der Arbeitnehmer indes ein nicht minder zu bewertendes Interesse an der pünktlichen Zahlung des Entgelts. Bei Würdigung dieser beiderseitigen und gleichwertigen Interessen erscheint es unbillig, wenn in einem Arbeitsvertrag nur die unentschuldigte Arbeitsversäumnis des Arbeitnehmers, nicht aber die zu Unrecht verspätete oder unvollständige Lohnzahlung mit einer Vertragsstrafe belegt ist […]. Dies führt zur Unwirksamkeit der Vertragsstrafenregelung aus § 18 Abs. 1 des Arbeitsvertrages aus dem Gesichtspunkt unangemessener Benachteiligung des Arbeitnehmers.”
Eine Selbstverständlichkeit bringt das Gericht ebenfalls auf den Punkt: Was die gegenseitigen Vertragspflichten anbelangt, befinden sich die Vertragsparteien auf Augenhöhe. Genau so wie der Arbeitgeber Arbeitsleistung und Pünktlichkeit verlangen kann, kann auch der Arbeitnehmer Vergütung und deren Pünktlichkeit verlangen. Vom Grundsatz sind beide Interessen von gleichem Gewicht.